Sonderbedarf beim Unterhalt – Ein Überblick für Unterhaltspflichtige und Unterhaltsberechtigte
Beim Thema Unterhalt ist der Sonderbedarf eine wichtige Ergänzung zur regulären Unterhaltsleistung. Sonderbedarf umfasst Ausgaben, die unerwartet und außergewöhnlich sind und über die normalen Bedarfsgruppen (wie Wohnen, Kleidung und Nahrung) hinausgehen. Typische Situationen, die Sonderbedarf auslösen, sind krankheitsbedingte Mehrkosten oder behinderungsbedingte Aufwendungen, die über die alltäglichen Bedürfnisse hinausgehen und für die der reguläre Unterhalt nicht ausreicht.
Was zählt als Sonderbedarf?
Sonderbedarf bezieht sich auf außergewöhnliche Ausgaben, die individuell und dringlich sind. Die Kosten müssen speziell und von einer gewissen Dringlichkeit sein, damit der Sonderbedarf als gerechtfertigt gilt. Beispiele dafür sind:
- Medizinische Kosten: Notwendige Behandlungen wie Physiotherapie, Rehabilitation oder spezifische Operationen, die nicht durch die reguläre Krankenversicherung gedeckt sind.
- Pflegekosten: Zusätzliche Aufwendungen für Pflegepersonal, Heilmittel oder betreuungsbedingte Kosten, besonders wenn die Person auf regelmäßige und intensive Betreuung angewiesen ist.
- Bildung und Betreuung: Zusätzliche Kosten für spezielle Förderprogramme, Nachhilfestunden oder Internatskosten, wenn diese für die Entwicklung des Kindes notwendig sind.
Voraussetzungen für die Deckung des Sonderbedarfs
Damit der Unterhaltspflichtige zur Zahlung des Sonderbedarfs verpflichtet werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Die Bedingungen sind kumulativ, was bedeutet, dass jede Voraussetzung gegeben sein muss:
- Außergewöhnlichkeit und Dringlichkeit der Kosten: Der Sonderbedarf muss außergewöhnlich und nicht alltäglich sein. In der Praxis zeigt die Rechtsprechung, dass Kosten als „sonderbedarfsrelevant“ gelten, wenn sie dringend und individuell notwendig sind. Für Kinder bedeutet das oft: wenn eine medizinische, schulische oder betreuungsbedingte Maßnahme dringend notwendig ist.
- Deckungsmangel: Der Sonderbedarf muss tatsächlich ungedeckt sein, d.h., der Unterhaltsberechtigte kann die anfallenden Kosten nicht aus dem regulären Unterhalt oder anderen finanziellen Mitteln bestreiten. Ein Beispiel ist die Finanzierung von Nachhilfe für ein Kind, wenn das laufende Einkommen nicht ausreicht, um diese Kosten zu decken. Hier spielt die Zumutbarkeit eine Rolle – wenn die normalen Unterhaltsleistungen nicht zur Deckung des Sonderbedarfs verwendet werden können, liegt ein Deckungsmangel vor.
- Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen: Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird berücksichtigt. Der Sonderbedarf kann nur eingefordert werden, wenn der Unterhaltspflichtige die zusätzlichen Kosten tragen kann, ohne dabei selbst sein Existenzminimum zu gefährden.
- Fehlende gleichwertige Alternative: Der Unterhaltsberechtigte muss den Sonderbedarf möglichst sparsam geltend machen. Besteht eine gleichwertige, aber kostengünstigere Alternative, kann der Unterhaltspflichtige verlangen, dass diese genutzt wird.
Häufig gestellte Fragen zum Sonderbedarf
- Kann Sonderbedarf auch rückwirkend geltend gemacht werden?
Ja, Sonderbedarf kann für vergangene Zeiträume geltend gemacht werden, wenn die Kosten zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht beglichen wurden. Eine rückwirkende Anerkennung kann jedoch nur für die Zeit ab Antragstellung geltend gemacht werden. - Wie hoch sind die Anwalts- und Prozesskosten im Unterhaltsverfahren?
Kosten, die durch ein Unterhalts- oder Scheidungsverfahren entstehen, können in bestimmten Fällen als Sonderbedarf anerkannt werden, insbesondere wenn die Prozessführung im Interesse des Unterhaltsberechtigten erfolgt und notwendig ist. - Wann liegt ein Deckungsmangel beim Kindesunterhalt vor?
Der Deckungsmangel tritt beim Kindesunterhalt ein, wenn die Differenz zwischen der regulären Unterhaltsleistung und dem maßgeblichen Regelbedarfssatz die zusätzlichen Kosten des Sonderbedarfs nicht deckt. Besonders für Kinder werden hier regelmäßige Ausgaben, wie eine teure Therapie oder wichtige schulische Nachhilfen, als Sonderbedarf anerkannt.
Sonderbedarf in der Praxis: Wichtige Beispiele
Hier sind einige der häufigsten Fälle, die als Sonderbedarf im Unterhaltsrecht anerkannt werden:
- Gesundheitskosten: Kosten für notwendige Operationen, Therapien oder Medikamente, die nicht vollständig durch Versicherungen abgedeckt sind.
- Bildungskosten: Aufwendungen für Nachhilfe, Sprachkurse oder Schulmaterialien, die für die Förderung des Kindes notwendig sind.
- Kosten für außerhäusliche Betreuung: Wenn ein Kind aufgrund von Krankheit oder Behinderung besondere Betreuungsmaßnahmen benötigt, können diese zusätzlichen Ausgaben als Sonderbedarf geltend gemacht werden.
Was sollte man noch wissen?
Zusätzlich zum regulären Unterhalt deckt der Sonderbedarf spezifische, außergewöhnliche Aufwendungen ab, die zur Erfüllung dringender, individueller Bedürfnisse notwendig sind. Wichtig ist, dass der Unterhaltsberechtigte den Sonderbedarf detailliert nachweist und den Unterhaltspflichtigen frühzeitig informiert. Der Sonderbedarf ist kein pauschaler Betrag, sondern muss im Einzelfall geprüft und dokumentiert werden.
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